iPad Pro 9.7 und Apple Pencil: Der zweite Versuch

Der zweite Eindruck von iPad Pro 9.7 und Apple Pencil ist deutlich besser als der erste. Das liegt auch daran, dass ich mit Notability endlich eine Notizen-/Zeichenapp gefunden habe, bei der Stiftnutzung und Fingerscrollen seit dem letzten Update so funktionieren, wie ich es erwarte. Endlich male ich nicht ständig versehendlich mit Fingern und Handballen (komme stattdessen aber immer mal wieder auf das Lupensymbol der App in der unteren rechten Bildschirmecke – irgendwie ziemlich unpraktisch angebracht).

Im Gegensatz zu Apples Notizenapp kann man auch auf bzw. über eingefügte Bilder und über bzw. neben mit der Tastatur geschriebenem Text zeichnen und schreiben. Ausserdem gibt es ein korrespondierendes Notizprogramm für den Mac, mit dem alle Notizen komfortabel über iCloud abgeglichen werden können (auch wenn die Synchronisation bei mir anfangs nicht sofort problemlos funktioniert hat).

Ebenfalls ausprobiert habe ich unterschiedliche Mal-/Zeichenapps und Apps zur Annotation von PDFs. Bislang konnte ich aber keine mit einer durchgehende Trennung von Stiftnutzung zum Zeichnen und Finger-/Touchsteuerung finden. Für PDFs gehe ich daher bislang den Umweg über Notability. Lieber wäre mir aber eine App, die über WLan-Sync meine ganzen PDFs inklusive Ordner und Finder-Tags auf iPad und Mac synchron hält…

An die haptische Nutzung des Apple Pencil gewöhnt man sich mit der Zeit ebenfalls. Die verkrampfte Finger-/Handhaltung, die bei der ersten Benutzung schnell zu Schmerzen in der Hand führt, kommt wohl daher, dass die harte Stiftspitze auf dem Glas des iPad quasi keinen Widerstand hat. Der Stift gleitet daher beim Schreiben viel zu schnell über die Oberfläche. Anfangs versucht man, das Weggleiten mit noch schnellerem Schreiben auszugleichen oder verkrampft die Hand, um den Stift am Gleiten zu hindern. Mit etwas Eingewöhnungszeit fällt einem das Schreiben aber deutlich leichter, so dass jetzt auch 90min Mathevorlesungsmitschriften kein Problem mehr sind. Gleiches gilt für das nervige Tock, Tock des Auftreffens der harten Stiftspitze auf der Glasoberfläche des iPad. Nach der Eingewöhnungsphase schreibt man etwas feinfühliger, wodurch der Geräuschpegel merklich zurückgeht.

connor_pencilBleibt eigentlich nur noch ein Problem bestehen: das Plastik, aus dem Apple den Pencil fertigt, ist überhaupt nicht griffig. Ein Problem, das mit zunehmender Nutzungszeit durch feuchte, schwitzige oder fettige Finger zunimmt. In der ersten halben Stunde „richtiger“ Stiftbenutzung ist mir der Pencil auf jeden Fall vier Mal aus der Hand gelitten und auf dem Betonboden gelandet. Wenn man den Pencil krampfhaft festhält, fällt er nicht so schnell runter, dafür bekommt man dann aber wieder eine schmerzende Hand. Wenn jemand eine optisch ansprechendere Idee für einen passenden gummierten „Haltering“ als diesen von einem billigen Connor-Druckkugelschreiber entwendeten hat, immer her damit.

Surface Pro 4: 9 Tage

Eigentlich hatte ich ja gehofft, nach der enttäuschenden ersten Erfahrung mit iPad Pro und Apple Pencil, mit dem Surface Pro 4 und dem Microsoft Pen mehr Glück zu haben. Hat aber leider nicht funktioniert. Am Pen lag es nicht, der liegt gut in der Hand und ist zum Schreiben besser zu gebrauchen als der Apple Pencil.

Woran also hapert es? Problematisch ist das schlechte Zusammenspiel von Hard- und Software. Es bringt anscheinend nichts, dass beides aus dem gleichen Haus kommt. So hat Microsoft erst jetzt, Monate nach dem Erscheinen von Surface Pro 4 und Surface Book, ein Update bereitstellt, das den enormen Stromverbrauch im Standby einschränkt. Verglichen mit dem Standbyverbrauch von iPad oder MacBook ist der aber für mein Empfinden immer noch deutlich zu hoch.

Davon, dass auch das Type Cover immer noch sporadisch die Verbindung verliert, fange ich gar nicht erst an. Auch von dem in stillen Räumen nervig hohen Pfeifen von Lüfter, Spuhlen oder CPU soll jetzt nicht die Rede sein. Das entscheidende Problem, das Microsft  immer noch nicht beheben konnte, ist eine verlässliche Kopplung von Surface Pro 4, Docking Station und externem Bildschirm.

Es scheint absolut zufällig zu sein, ob nach dem Aufwachen des Surfaces wieder ein Bild auf dem via DP-HDMI Kabel angeschlossenen Monitor erscheint oder nicht. Wenn man nicht den erweiterten Displaymodus eingestellt hatte, steht man dann ganz ohne Bild da und muss Surface oder Monitor erstmal vom Dock trennen. Auch nach einem Wiederverbinden  bleibt der externe Monitor aber dunkel und erst ein Neustart des Surface hilft wirklich weiter. Das ist für ein Gerät, das am Arbeitsplatz als Desktopersatz genutzt werden will, ein absolut katastrophaler und unhaltbarer Zustand.

Wer gerne Firefox benutzt, stößt schnell auf ein weiteres unschönes Merkmal des Surface Pro. In der Regel wird die  Bildschirmtastatur beim ersten Benutzen nicht automatisch aufgerufen, wenn man über den Touchscreen ins URL-Feld klickt. Man muss also erstmal manuell das Keyboard aufrufen. Das geht noch schnell, wenn man sich im Desktopmodus befindet und unten rechts in der Taskleiste das entsprechende Symbol erreichen kann. Befindet sich das Surface dagegen bereits im Tabletmodus ist, wird der Tastaturlink nicht mehr angezeigt, so dass man erstmal den Modus  ändern muss. Unschön.

Das nicht immer erklärbare Aufbrausen des Lüfters macht die Benutzung auch nicht angenehmer. Langer Rede, kurzer Sinn. Das Surface Pro 4 wird für einen zweiten Versuch mit iPad Pro und Apple Pencil ausgetauscht.

iPad Pro 9.7 und Apple Pencil: 40 Minuten

40 Minuten – länger hat es nicht gedauert, bis ich iPad Pro 9.7 und Apple Pencil nach der Zustellung wieder verpackt im UPS Shop abgegeben habe. Da ich seit dem Erscheinen des ersten iPads auf jede neue Generation aufgerüstet habe, muss es wohl eine ziemlich ernüchternde Erfahrung mit Apples neuem Pro-Gerät gewesen sein.

Und das war es tatsächlich. Das einzige, was uneingeschränkt für das iPad Pro 9.7 spricht, ist das neue Display. Apple verbaut ja schon länger (wenn auch keine matten, so doch zumindest) reflexionsmindernde Bildschirme. Das iPad Pro 9.7 ist hier im Vergleich mit dem iPad Air 2 nochmal besser geworden (laut Apple nochmal 40% reflexionsärmer). Den Unterschied kann man im direkten Vergleich auch tatsächlich sehen (es ist zwar immer noch ein Spiegeldisplay, aber kein Vergleich etwa zum Bildschirm des Surface Pro / Surface Book). Auch die neue Anpassung der Farbtemperatur an das Umgebungslicht finde ich recht gelungen.

Das eigentliche „Killer-Feature“ wäre für mich aber eigentlich eine gute Stiftunterstützung gewesen. Da das große iPad Pro für mich keine Option war, hatte ich den Apple Pencil vorher noch nicht ausprobiert – was wohl ein Fehler war. Für mich ist die aktuelle Implementierung der Stiftnutzung bei iOS bzw. den meisten Apps gelinde gesagt unbrauchbar. Das Hauptproblem ist: Ein Tablet ist offensichtlich darauf ausgelegt, mit dem Finger bedient zu werden. Für alle Zeichenapps heißt das: gemalt wird mit dem Finger. Sobald ich aber einen Stylus zur Verfügung habe, erwarte ich, mit den Fingern scrollen und zoomen zu können, während nur der Stift zum Schreiben und Zeichnen dient. Das funktionierte in meinem kurzen Test nur mit einer einzigen App die ich nutze: Word.

Das wirklich nervige an diesem Verhalten: man malt ständig mit dem Handballen oder den Fingern, weil Apple zwar eine „Handballenerkennung“ implementiert hat, die aber erst greift, wenn der Pencil schon sehr nah am Display ist. Wenn man den Stift also etwas weiter vom Display weg hält und dabei das Handgelenk weiterhin auf dem iPad verweilt, malt man fröhlich Striche in die Gegend. Das finde ich selbst beim Schreiben von kurzen Notizen in Apples Notizenapp extrem nervig.

Hinzu kommt eine absolute design-technische Fehlleistung von Apple: die Kamera. Es ist mir unbegreiflich, wie man bei einem Tablet, dass explizit auf eine Stiftnutzung ausgelegt ist, eine Kamera verbauen kann, ist einige Millimeter aus dem Gehäuse ragt. Das Resultat: legt man das iPad Pro 9.7 zum Zeichnen flach auf den Tisch, dann kippelt es. Wobei kippeln vielleicht falsche Assoziationen weckt. Es ist eher so: befindet sich die Kamera hinten links, kann man das iPad an der vorderen linken Ecke wenige Millimeter herunterdrücke, dabei federt dann die hintere rechte Ecke in etwa den doppelten Abstand nach oben. Meiner Meinung nach völlig unnötig, nur um eine – von vielen wahrscheinlich ohnehin nur sporadisch genutzte – Kamera mit jetzt 12MP einzubauen. Vielleicht kann Apple sich aber auch einfach nicht vorstellen, dass jemand das iPad tatsächlich ohne Hülle/Case nutzen könnte (wobei ich mich dann schon frage, warum man überhaupt auf Aluminium und Design Wert legt, anstatt das ganze Ding gleich etwas dicker zu gestaltet und von vorneherein in Plastik/Lederimitat zu hüllen…).

Vielleicht könnte ich mich zur Not sogar noch damit anfreunden, eine Hülle zu benutzen. Nur leider ist auch der Apple Pencil an sich überhaupt nicht mein Ding. Er ist mir erstens zu lang. Mag sein, dass er zum Zeichnen damit gut/besser geeignet ist. Wenn ich aber nur eine Seite damit schreibe, tut mir die Hand weh, weil das Gewicht für mein Empfinden durch die Länge unangenehm verteilt ist. Das Problem wird zusätzlich durch die komplett runde und wenig griffige Gestaltung des Stiftes verschlimmert. Da bringt mir auch die zugegebenermaßen tolle Genauigkeit und Geschwindigkeit des Pencil nichts – von der beim Schreiben ohnehin unnötigen Winkelerkennung ganz zu schweigen.

Der zweite „Fehler“ des Pencils wiegt für mich nicht weniger schwer: ich hebe beim Schreiben den Stift oft vom Display ab und setze ihn wieder auf (male wohl eher Druck- statt schön verbundener Schreibschriftbuchstaben…). Das ist beim Surface kaum ein Problem, beim iPad Pro 9.7 mit Apple Pencil kommt man sich dagegen vor, wie ein Specht im Wald: tock, tock, tock. Der Pencil mit seiner relativ harten Spitze ist mir persönlich einfach viel zu laut – so laut, dass ich damit nicht mal bei einer Uni-Vorlesung im Hörsaal wirklich mitschreiben wollen würde.

Nach einer guten halben Stunde testen, hatte ich auf jeden Fall so schlechte Laune, dass ich alles wieder eingepackt und an Apple zurückgeschickt habe. Dann bin ich zur hiesigen Zweigniederlassung eines Metro-Konzerns gefahren und habe beim auslaufenden Osterangebot für das Surface Pro 4 mit TypeCover zugegriffen. Statt MacBook, iPad, iPhone und Apple TV bin ich damit jetzt bei Surface Pro 4, iPhone, Fire TV und openELEC@RasPi 2 angekommen. Wobei der Akku meines 5s langsam aber sicher den Geist aufgibt. Vielleicht verschwindet damit bald auch das letzte Apple Device aus meinem Portfolio. Würde irgendwie auch nur passen: soft- (Linux@Windows/MS-Canonical-Zusammenarbeit, Continuum) und hardwaretechnisch (HoloLense, Surface Book) finde ich Microsoft gerade ohnehin spannender und innovativer als Apple.