Mit dem EliteBook Folio G1 mit 12,5 Zoll Display hat HP seinen Skylake Core M Konkurrenten zu Apples MacBook 12 in das Rennen um die Gunst der maximal mobilen Notebooknutzer geworfen. Die grundlegenden Daten hatte ich hier bereits gegenübergestellt, weshalb im Folgenden nur einige wenige Werte noch einmal direkt genannt werden.
The Good
Mit einem Gewicht von 971 Gramm (FullHD/NonTouch-Version) und den Maßen 292 x 209 x 11,9 mm kommt das EliteBook Folio G1 nah an das MacBook 12 heran (927 Gramm, 281 x 197 x 14 mm). Durch die Nutzung von Aluminium sehen sich die Geräte auch optisch sehr ähnlich.
Im Gegensatz zum MacBook, kommt das Folio G1 in der FullHD Version mit einem komplett matten Display (ohne Touch). Mit dem Notebook lässt sich daher tatsächlich draußen und unterwegs arbeiten – ohne, dass einen etwa im Zug ständig wechselnde Spiegelungen im Display zur Weißglut treiben. Zusätzlich fällt die Displayausrichtung durch das flexible 180 Grad öffnende Scharnier leicht.
Begeistert bin ich von der Tastatur. Mit einem knackigen Anschlag (könnte einigen eventuell sogar einen Tick zu laut sein), einem 18 x 18 mm Raster und über 10mm Tastenhub, lässt sich auf der Tastatur exzellent schreiben – kein Vergleich zu den Kompromissen beim MacBook 12. Ich kann auf der Tastatur sogar nochmal deutlich besser und angenehmer schreiben als auf der des MacBook Pro 13. Verglichen mit dem Dell XPS 13 hören sich die Tasten auch alle gleich an und federn nicht unterschiedlich stark.
Das Tastaturlayout ist im besten Sinne klassisch. Normalgroße Umschalt-/ Shift-Taten links und rechts, Entertaste über zwei Zeilen und zwei Strg-Tasten (dafür keine Windows-Sekundärklicktaste oder wie auch immer die heißt). Nur die Reihe der F-Tasten und (die „modern“ gestalteten) Pfeil-Hoch-/Runtertasten fallen mit halber Höhe kleiner aus. Pos1/ Ende und Bild-Hoch-Runter über FN auf die Pfeiltasten zu legen, halten ich ohnehin für die optimale Lösung.
Das Touchpad funktioniert, könnte aber vielleicht ein kleines Stück größer sein. Gesten mit zwei oder drei Fingern wurden bisher anstandslos erkannt. Unter Windows lässt sich das Touchpad mit einem Doppeltap in der linken oberen Ecke einfach an- und ausschalten. Im ausgeschalteten Zustand leuchtet in der Ecke dann eine kleine gelbe LED.
The Bad
Es gibt allerdings einige seltsame Designentscheidungen von Seiten HPs. Sofort ins Auge fällt das in 16:9 gehalten Display. Während der Rand um das Display an den Seiten mit 7mm noch im Rahmen liegt, beträgt er oberhalb des Displays bereits 17mm und unterhalb ganze 28mm. Das dadurch das Display etwas ergonomischer wird, weil es nicht ganz so weit unten anfängt, mag theoretisch richtig sein, praktisch macht es aber meiner Meinung nach kaum einen Unterschied. Mir wäre es deutlich lieber gewesen, HP hätten den Platz für ein 16:10 oder sogar 4:3 Display genutzt.
Der Displaydeckel lässt sich relativ leicht aufklappen. Um das Gerät mit einer Hand zu öffnen, ist das ganz angenehm. Weniger angenehm ist, dass das Notebook sich von selber einen guten Zentimeter öffnet, wenn man das Folio G1 senkrecht mit der Öffnung nach oben hält. Die magnetische Halterung hätte hier etwas straffer sein können (zumal bei meinem Gerät der Magnet auf der linken Seite nochmal etwas schwächer erscheint als der auf der rechten Seite).
Theoretisch ist das EliteBook ohne Festplatte und Lüfter geräuschlos. Praktisch gibt es leider ein deutlich ausgeprägtes CPU-Whining/ Coil-Whine rund um die USB-C Ports, dass man unter Umständen nicht nur hört, wenn man das Ohr nah ans Gerät hält, sondern auch, wenn man nur davor sitzt (in absolut leiser Umgebung). Die Geräusche sind sowohl bei laufendem Notebook als auch im Standby vorhanden. Leiser könnte für meinen Geschmack auch das Klicken der Tochpad-Buttons ausfallen.
Durch das matte Display und den zwar breiten, aber ebenfalls komplett matten Displayrand, gestaltet sich das Arbeiten mit dem Folio G1 angenehm. Umso seltsamer erscheint es, dass der 65 x 7mm breite eingesetzte Bereich um die Webcam leider stark spiegelt. Hinzu kommen dann noch vereinzelte Rückspiegelungen durch das Scharnier und die Umrandung des Touchpads. Das hätte nicht sein müssen.
The Ugly
HP legt leider keinerlei Zubehör bei. Weder eine Tasche für das Folio G1 noch einen USB-C Adapter auf USB-A / VGA / HDMI oder Lan. Bei einem teuren Businessgerät hätte ich eigentlich etwas anderes erwartet.
Einigen mag es vielleicht negativ auffallen: der Displaydeckel ist nicht vollständig aus Aluminium gefertigt. Am unteren Ende ist ein 190 x 2mm lange, farblich angepasste Leiste aus Plastik eingelassen. Ich nehme an, dass HP dahinter das Antennenkabel für besseren WLan-Empfang (vor allem bei geschlossenem Gerät?) verlegt hat. Ich finde das Design eigentlich ganz ansprechend, weil es die Fläche etwas auflockert.
Während das auf 45 Watt ausgelegte Netzteil mit 65 x 65 x 27 mm noch als kompakt durchgeht, ist es mit 283 Gramm deutlich schwerer als das Netzteil des MacBook 12 (171 Gramm). Das liegt auch an der Entscheidung HPs den Stromanschluss mit einem Kleeblattstecker auszurüsten. Entsprechend dick sind Kabel und Stecker, die vom Netzteil zur Steckdose gehen.
Eigentlich wäre das ja egal, weil notebookseitig ein USB-C Stecker verwendet wird. Eigentlich sollte man daher problemlos ein alternatives Netzteil benutzen können. Leider hat HP dem aber einen Riegel vorgeschoben, da sie Netzteilen von Drittanbietern nicht trauen. Das Folio G1 lädt im laufenden Betrieb ausschließlich mit dem HP-eigenen Netzteil. Wenn das Notebook ganz aus ist, sollen auch andere Netzteile funktionieren, was ich bis jetzt aber nicht ausprobiert habe.
HP bringt ein eigenes Recovery Tool mit. Damit kann ein Wiederherstellungsmedium erstellt werden, um das System im Notfall auf den Auslieferungszustand zurückzusetzen. Nach dem Erstellen kann man dann gefahrlos den Speicherplatz der Recoverypartition auf der SSD für den normalen Gebrauch freigeben. Unverständlicherweise erlaubt das Tool ausschließlich das erstellen EINES Wiederherstellungsmediums. Wenn man zur Sicherheit ein zweites erstellen will, lässt das Tool dieses nicht zu. Mir fällt für diese Einschränkung überhaupt kein vernünftiger, nachvollziehbarer Grund ein.
Update
Nach ein paar Tagen mit dem Folio G1 habe ich mich dazu entschieden, das EliteBook wieder zurückzuschicken. Zum einen hätte ich das Folio gerne unter GNU/Linux genutzt (was an sich gut funktioniert), aber eine Ein-Kabel-Docking-Lösung wird schwierig. Nur HPs USB-C Netzteile können das EliteBook laden und die HP Docking Station gibt das Videosignal leider über die DisplayLink Technik aus, statt den USB-C Alternate Mode zu benutzen. Damit funktioniert das Dock unter GNU/Linux nicht so einfach. Das KO-Kriterium war zum anderen aber das sehr ausgeprägte Coil-/CPU-Whine – ständig in unterschiedlicher Frequenz und insbesondere beim Aufladen der letzten Prozente des Akkus auch so laut, dass es aus einem Meter Entfernung noch zu hören war.
Update 2
Angesichts des gerade deutlich günstigeren Preises für das EliteBook Folio G1 habe ich mich für einen neuen Versuch entschieden. Und siehe da, mein zweites Gerät hat deutlich geringeren Coil-/CPU-Whine. Geräusche sind eigentlich nur zu hören, wenn ich das Ohr direkt ans Notebook halte. Dann habe ich mir auch gleich die HP Elite Thunderbolt 3 Docking Station dazu gekauft. Leider funktioniert diese unter Linux bislang auch nicht. Das Folio wird nur geladen und man kann es über den An-/Ausschalter am Dock starten. Aber weder die DisplayPort- noch die USB-Anschlüsse funktionieren (Kernel 4.6.3).